Oberösterreichischer Tennisverband
Turniere Kids & Jugend ITF

Sensation in Chengdu: Schwärzler triumphiert auch bei den ITF Junior Finals

Der ÖTV-Vertragsspieler feiert back-to-back die größten österreichischen Jugenderfolge seit Dominic Thiem 2011.
Verfasst von: Manuel Wachta, 22.10.2023
© ÖTV
ÖTV-Sportdirektor und -Davis-Cup-Kapitän Jürgen Melzer (links) betreute Joel Schwärzler (rechts) bei dessen Coup in China persönlich vor Ort.

2015 Andrey Rublev (aktuell ATP-Rang 5), 2016 Seongchan Hong (ATP 197), 2017 Emil Ruusuvuori (ATP 61), 2018 Brandon Nakashima (ATP 134), 2019 Holger Rune (ATP 6) – und 2023 Joel Schwärzler: Österreichs derzeit größtes Tennistalent hat sich an diesem Sonntag sensationell in die teils hochprominente Siegerliste der 2023 ITF World Tennis Tour Junior Finals in Chengdu eingetragen. Der drittgereihte Vorarlberger (ITF 7) setzte sich im Endspiel mit 6:3, 7:6 (6) durch, in einem Linkshänderduell mit dem topgesetzten Mexikaner Rodrigo Pacheco Mendez (ITF 2) – ausgerechnet sein Zimmerkollege in diesen Tagen in der chinesischen Metropole und Hauptstadt der Provinz Sichuan.

Erst letzte Woche hatte Schwärzler mit dem Triumph beim Osaka Mayor’s Cup (ITF J500) für den größten österreichischen Jugenderfolg seit dem Coup von Dominic Thiem bei der Orange Bowl in Plantation 2011 gesorgt. Diesen alleine schon imposanten Meilenstein in seiner jungen Karriere wusste der 17-Jährige hiermit nur eine Woche später gar noch zu toppen. Der Harder sicherte sich mit diesem Titel nicht nur einen Reisekostenzuschuss in der Höhe von 17.000 US-Dollar, sondern auch 750 Zähler für die Jugendweltrangliste. In dieser wird er am Montag als Dritter das beste Ranking eines Österreichers seit eben Thiem einnehmen, der es am 3. Jänner 2011 einst bis auf Platz zwei geschafft hatte.

Schwärzler „unfassbar happy und stolz auf mich und mein Team“

Schwärzler hatte – so wie im Semifinale gegen den Bulgaren Iliyan Radulov (ITF 8) – das bisher einzige Duell mit Pacheco Mendez verloren. Nun glückte ihm auch im bislang wohl wichtigsten Match seiner Tenniskarriere die Revanche. Nach Chancen auf beiden Seiten holte er bei 3:2 das den ersten Satz vorentscheidende Break. Im zweiten Durchgang gab es keine Breaks, wobei Schwärzler bei 4:5 und 0:30 bei seinem Service den Kopf aus der Schlinge zog – das Tiebreak musste entscheiden. Dort geriet der rot-weiß-rote Jungstar 1:4 und 4:6 in Rückstand, bewahrte jedoch erneut die Nerven: Er wehrte beide Satzbälle ab, gewann insgesamt vier Punkte am Stück und durfte nach einem Servicewinner beim ersten Matchball aufjubeln – in Richtung von ÖTV-Sportdirektor und -Davis-Cup-Kapitän Jürgen Melzer, der ihn bei den zwei Turnierwochen in Asien höchstpersönlich betreute.

„Es war das erste Mal diese Woche, dass ich gegen einen Linkshänder gespielt habe. Es war schwierig zu returnieren, aber am Ende habe ich es im Tiebreak geschafft – und ein paar gute Punkte in den wichtigen Momenten gespielt“, befand Schwärzler im Interview auf dem Court. „Ich bin einfach glücklich, dass ich es gewonnen habe.“ Gegenüber dem ÖTV machte der heimische Jungspund klar, was ihm dieser Coup bedeutet: „Unglaublich viel! Es ist das größte Turnier nach den Jugend-Grand-Slams. Wenn ich dran denke, was für Leute hier schon gewonnen haben – und jetzt kann mein Name daneben stehen, das ist ein unglaubliches Gefühl. Ich bin unfassbar happy und stolz auf mich und mein Team und vor allem Jürgen sehr dankbar, der immer an meiner Seite steht – auch wenn ich es ihm oft schwermache“, schmunzelte der Harder. „Ich bin nicht nur superhappy, dass ich gewinnen konnte, sondern auch, dass der Lohn für die harte Arbeit gekommen ist.“

Melzer: „Genau das Tennis, wie ich es mir von einem Schützling wünsche“

Entschieden habe für Schwärzler an diesem großen Tag, „dass ich gut serviert habe und einfach besser von der Grundlinie war. Ich habe dafür sehr schlecht returniert. Wenn mir das etwas besser gelungen wäre, wäre der zweite Satz wohl nicht so knapp geworden.“ Melzer stimmte bei seiner Analyse, sah in Summe jedoch „eine richtig gute Leistung von Joel. Ich bin sehr happy darüber, vor allem auch über seine Performance im Kopf. Er hat das heute wirklich gut durchgezogen. Wir haben uns vorher einen recht klaren Spielplan übergelegt, wo wir der Meinung waren, damit biegt er Pacheco Mendez. Und das ist dann auch eingetroffen. Er hat’s gewonnen, weil er immer wieder ans Netz nachgegangen ist, seinem Gegner die Schneid abgekauft hat und aggressiv gespielt hat. Es war genau das Tennis, wie ich es mir von einem Schützling wünsche. Das dann auch im Finale eines so wichtigen Turniers so abzurufen, das ist richtig gut.“

Rein vom Match-up hatte Melzer vorm Finalspiel ein besseres Gefühl als vorm Semifinale gegen Radulov. „Gegen Pacheco Mendez ist es ein Spiel, wo ich mir dachte: Wenn er gut spielt, hat er das im Griff. Es hat natürlich geholfen, wie er heute serviert hat. Außer bei einem Game, wo er drei Rückhände irgendwohin gespielt hat, war er bei seinem Service wenig angreifbar. Die Frage war deshalb: Wie viele Returns kann er machen? Im zweiten Satz nicht genug, darum ist es ins Tiebreak gegangen. Und obwohl er dort ja mit 1:4 und 4:6 hinten war, hatten wir beide – ich habe mit ihm nach dem Match drüber gesprochen – das Gefühl, wir sehen ihn vorne, auch wenn es in einen Dritten gegangen wäre. Er war heute einfach der Bessere, auch mit mehr Möglichkeiten in seinem Spiel“, so Melzer, der mit Schwärzler seit über zwei Jahren im ÖTV-Leistungszentrum Südstadt arbeitet.

Jetzt folgt der Angriff auf die Nummer 1 der Welt

Mit seinen sensationellen Erfolgen in den letzten Wochen und seinem so sympathischen Auftreten hat Schwärzler nicht bloß seine Fanschar in Asien, der er etliche Autogramme gab, vergrößert, sondern auch die Fans in der Heimat versammelt: Sein Heimatklub, der TC Hard, richtete vor dem großen Finale kurzerhand ein Public Viewing ein und verfolgte gemeinsam diesen historischen Triumphzug. Historisch wäre auch, was womöglich bald folgen könnte: „Joel hat jetzt die Möglichkeit, das Jahr als Nummer eins abzuschließen. Das wäre natürlich ein schönes Ziel. Da müssen wir uns erst zusammensetzen und uns überlegen, ob er heuer noch auf die Nummer eins losgehen will oder nicht. Dazu müsste er wohl in Mérida (Mexiko; Anmerkung) sowie bei der Orange Bowl in Florida (jeweils ITF-J500-Turniere; Anmerkung) spielen“, sagte Melzer. Bisher ist der zweite Platz von Thiem weiterhin das beste ITF-Ranking eines Österreichers aller Zeiten.

Die Chance auf die Topposition ist tatsächlich groß: Der aktuelle Weltranglistenführende und US-Open-Juniorensieger Joao Fonseca (Brasilien) spielt derzeit keine Jugendevents, Pacheco Mendez hat im Saisonfinish noch viele Punkte zu verteidigen. Beide liegen jetzt nur noch ziemlich knapp vor Schwärzler. Auch unabhängig davon, ob es mit der Nummer eins bald klappen könnte, zeigte sich Melzer „richtig stolz auf Joel und das, was er über die letzten zwei Wochen geleistet hat. Es war das klare Ziel der Asien-Reise, die Top Ten zu erreichen und er hat richtig gut dran gearbeitet. Die Sachen, die in der Vergangenheit oftmals im Kopf waren, dass er zu negativ war: Da ist jetzt nicht alles perfekt gewesen, aber er hat einen Schritt nach vorne gemacht.“ Den letzten Schritt nach vorne, den will Schwärzler auch im Ranking noch machen: „Das Ziel ist jetzt natürlich die Nummer eins. Das wäre unglaublich für mich und auch den ÖTV, muss man ehrlich sagen, und für das Tennisland Österreich. Und auch für andere Spieler, um zu sehen, dass das möglich ist.“ Darauf angesprochen, dass dies bis dato tatsächlich noch kein Österreicher geschafft hätte, lächelte Schwärzler nur: „Dann wird’s Zeit …“

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